Der Batteriepass: Was genau steht in der Batterieverordnung?
Es wird viel über den Batteriepass gesprochen: Über Chancen, Pflichten, CO₂-Transparenz und digitale Produktpässe. Doch Hand aufs Herz: Nur die wenigsten haben die EU-Batterieverordnung wirklich einmal im Detail gelesen. Dabei steht dort erstaunlich klar, was auf Hersteller, Inverkehrbringer und Nutzer zukommt.
In diesem Beitrag werfen wir einen Blick direkt in den Verordnungstext – genauer gesagt auf KAPITEL IX UND die Artikel 77 und 78.
Artikel 77 Batteriepass
Artikel 77 der EU-Batterieverordnung legt den Grundstein für den digitalen Batteriepass und beantwortet die vielleicht wichtigste Frage zuerst: Für welche Batterien gilt das Ganze überhaupt, und ab wann?
Ab dem 18. Februar 2027 darf keine größere Batterie in der Europäischen Union mehr ohne digitalen Batteriepass in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden. Das betrifft also alle neuen Batterien, die ab diesem Zeitpunkt auf den Markt kommen:
Die Verordnung beschränkt die Pflicht zunächst auf drei Gruppen:
LV-Batterien - also Batterien in leichten Fahrzeugen, zum Beispiel in E-Rollern, E-Bikes oder kleinen Nutzfahrzeugen.
Industriebatterien mit einer Kapazität von mehr als 2 kWh - etwa in stationären Energiespeichern, Flurförderfahrzeugen, Telekommunikationsanlagen oder Notstromsystemen.
Elektrofahrzeugbatterien - also Antriebsbatterien in Elektroautos, Bussen und Nutzfahrzeugen.
Enthaltene Informationen
Eine erste Übersicht darüber, welche Informationen genau hineingehören, liefert der Anhang XIII der Batterieverordnung. Er unterscheidet drei Ebenen von Daten, abhängig davon, wer Zugriff darauf hat:
Öffentlich zugängliche Informationen - Dazu zählen grundlegende Angaben, die jeder einsehen kann - etwa Hersteller, Batterietyp, Modellbezeichnung, chemische Zusammensetzung, Kapazität oder der CO₂-Fußabdruck. Diese Informationen sollen Transparenz schaffen und es Verbrauchern ermöglichen, Batterien besser zu vergleichen.
Behörden- und Kontrollinformationen - Diese Daten sind nur für Marktaufsichtsbehörden oder notifizierte Stellen zugänglich. Sie enthalten technische Details, die für Prüfungen, Sicherheitsbewertungen und Konformitätsnachweise relevant sind.
Eingeschränkt zugängliche Informationen - Diese sind nur für bestimmte Akteure mit berechtigtem Interesse zugänglich - etwa Recyclingunternehmen, Wiederaufbereiter oder Reparaturbetriebe. Hier geht es um Details zur Demontage, zu Sicherheitsmaßnahmen, zur Materialzusammensetzung oder zum Zustand der Batterie nach der Nutzung.
Welche Unternehmen genau zu dieser dritten Gruppe gehören und in welchem Umfang sie Daten herunterladen oder weiterverwenden dürfen, wird die EU-Kommission bis August 2026 in einem separaten Rechtsakt festlegen.
QR-Code Label
Der Zugang zum Batteriepass erfolgt über einen QR-Code direkt auf der Batterie. Der QR-Code auf der Batterie enthält einen Link zum digitalen Batteriepass, der auf einer dafür vorgesehenen Online-Plattform abrufbar ist. Diese Plattformen werden nicht zentral von der EU bereitgestellt, sondern von unterschiedlichen, Anbietern betrieben, etwa von open-dpp.
Das bedeutet: Der QR-Code verweist nicht auf eine zentrale europäische Datenbank, sondern auf den Speicherort des jeweiligen Batteriepasses beim zuständigen Anbieter. Über diesen Link lassen sich dann die hinterlegten Informationen abrufen, je nach Zugangsrecht entweder öffentlich oder nur für berechtigte Nutzer. Wichtig dabei: Jede einzelne Batterie erhält ihren eigenen Batteriepass - nicht nur ein Modell oder eine Produktreihe. Das bedeutet: Zwei Batterien desselben Typs haben jeweils eine eigene digitale Kennung, die ihre individuellen Daten, Nutzungshistorie und ggf. Second-Life-Informationen enthält.
Verantwortlicher Wirtschaftsakteur
Die Verantwortung für den Batteriepass liegt bei demjenigen, der die Batterie auf dem europäischen Markt in Verkehr bringt, dem sogenannten „economic operator“. Das kann der Zellhersteller sein, ein Konfektionär, ein Importeur oder im Fall von wiederaufbereiteten Batterien auch der Akteur, der sie erneut in Umlauf bringt. Dieser Wirtschaftsakteur muss sicherstellen, dass alle im Batteriepass enthaltenen Informationen korrekt, vollständig und stets aktuell sind. Er darf dabei Dritte beauftragen, etwa spezialisierte Dienstleister, die die Daten erfassen, strukturieren und pflegen, siehe Artikel 40.
In einem separaten Blogbeitrag gehen wir genauer darauf ein, wer in der Praxis als „economic operator“ gilt, welche Pflichten damit verbunden sind und wie Unternehmen diese Anforderungen effizient umsetzen können.
Artikel 78 - Technische Gestaltung und Einsatz des Batteriepasses
Artikel 78 fasst im die technischen Leitplanken des Batteriepasses zusammen: Er muss interoperabel, sicher, offen zugänglich und langfristig verfügbar sein. Die Daten dürfen nicht manipuliert oder zu anderen Zwecken verwendet werden, und der Zugriff erfolgt nach klar geregelten Berechtigungsstufen.
Die genaue technische Umsetzung, wie Datenformate, Schnittstellen und Standards im Detail aussehen, wird derzeit in verschiedenen Standardisierungsgremien erarbeitet und später von Softwareanbietern und Plattformen rechtssicher umgesetzt, zum Beispiel von open-dpp.
Für Batteriehersteller bedeutet das eine klare Entlastung: Sie müssen nicht selbst die technischen Details programmieren oder spezifizieren, sondern können auf bestehende, konforme Systeme zurückgreifen, die den rechtlichen Anforderungen entsprechen.
Was ist noch offen?
Viele Details zum Batteriepass stehen in der Verordnung noch nicht endgültig fest. Diese werden durch sogenannte delegierte und Durchführungsrechtsakte geregelt, die die EU-Kommission in den kommenden Jahren verabschieden wird. In Artikel 77 Steht dazu:
"Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 89 zu erlassen, um Anhang XIII angesichts technischer und wissenschaftlicher Fortschritte in Bezug auf die in den Batteriepass aufzunehmenden Informationen zu ändern."
Der geplante Rechtsakt zum Anhang XIII wird einer der entscheidendsten Bausteine. Er soll im Detail festlegen,
welche Informationen genau im Batteriepass enthalten sein müssen,
wie diese Daten strukturiert und technisch dargestellt werden,
und wer auf welche Teile der Informationen zugreifen darf – etwa Hersteller, Marktaufsichtsbehörden, Recyclingunternehmen oder Second-Life-Betreiber.
Einen ersten Eindruck, wie diese Struktur konkret aussehen könnte, bietet die DIN SPEC 99100. Diese Norm beschreibt ein einheitliches Datenschema und eine technische Architektur für digitale Batterie- und Produktpässe. Sie ist nicht rechtlich bindend, gilt aber schon jetzt als grundlegende Orientierung für alle Akteure, die Batteriepass-Daten aufbauen oder in ihre Systeme integrieren möchten.